Das Auslandspraktikum als Katalysator für die Zusammenarbeit
Selbstbewusstere Auszubildende sind auch ein Gewinn für den Betrieb“
Gleich der erste Auslandsaufenthalt einer Auszubildenden des Karlsruher Zoos wurde von AusbildungWeltweit unterstützt. Warum bereits dieses erste Auslandspraktikum in Ecuador ein echter Gewinn für den Zoo war und er diese Auslandsaufenthalte unbedingt fortführen will, verrät der stellvertretende Direktor Dr. Clemens Becker, der auch für die Ausbildung der Beschäftigten im Zoo zuständig ist und das erste Projekt ein Stück weit begleitet hat.
Herr Dr. Becker, wie haben Sie von AusbildungWeltweit erfahren und von wem ging die konkrete Idee für einen Auslandsaufenthalt in Ecuador aus?
Im Rahmen unserer „Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe“ betreuen wir seit zwei Jahren ein eigenes, 24 Hektar großes Wiederaufforstungsprojekt, „La Elenita“, am Westhang der Anden. Da ich das Projekt regelmäßig besuche und vor Ort betreue, habe ich auch Kontakt zu Ivo Runge von der Außenhandelskammer (AHK) in Quito. Herr Runge war zuvor in Karlsruhe bei der IHK für unsere Zoo-Tierpfleger-Ausbildung zuständig. Er machte mich auf die Möglichkeit aufmerksam, die Auszubildenden unseres Zoos im Rahmen von AusbildungWeltweit für einen Teil der Ausbildung nach Ecuador schicken zu können. Er war während des ganzen Prozesses von großer Hilfe.
Wie ging es dann bei Ihnen weiter in Sachen Auslandaufenthalt?
Zunächst berichtete ich Dr. Matthias Reinschmidt, dem Direktor des Zoos Karlsruhe, von dieser Möglichkeit der Ausbildungserweiterung in Ecuador. Er war gleich begeistert. Danach galt es, die Verwaltung des Zoos sowie auch die Verantwortlichen im zoologischen Bereich von den Vorteilen zu überzeugen, die ein solcher Auslandsaufenthalt für unsere Auszubildenden hat.
Bei der Suche nach einem geeigneten Einsatzort für die Auszubildenden fiel die Wahl ziemlich schnell auf den Zoo Quito. Was war der Grund dafür?
Den Zoo Quito besuchte ich im Rahmen unseres Projektes schon zweimal. Bei diesen Besuchen ergaben sich die ersten lockeren Gespräche mit dem Direktor, der mich durch den Zoo führte und dessen Struktur erklärte. So war der Zoo Quito von Beginn an als einer der aufnehmenden Betriebe vorgesehen. Nach ihrem dreiwöchigen Aufenthalt im Zoo Quito sollten die Auszubildenden auch unser Projekt in La Elenita besuchen und dort vor Ort mitarbeiten.
Hatten Sie Unterstützung vor Ort, um die organisatorischen Angelegenheiten des Aufenthaltes zu regeln?
Wir hatten das Glück, mit der AHK in Quito einen kompetenten Partner zu haben, der alle Details der Ankunft und Unterbringung der Auszubildenden Miriam Schäfer direkt mit dem Zoo Quito plante und organisierte. Es gab keinerlei Probleme. Ich selbst organisierte die vierte Woche direkt mit unseren Projektpartnern im Nebelwaldgebiet der West-Anden mit den einzelnen Anlaufstellen vor Ort. Da ich selbst in dieser Woche dort arbeitete, konnten wir zusammen die Betreuung von Miriam Schäfer übernehmen.
Konnten Sie den Auslandsaufenthalt gut in den dualen Ausbildungsplan integrieren?
Das war – und ist für die Auszubildenden, die noch reisen werden – und für uns als Betrieb spannend und eine Herausforderung zugleich. Einerseits sollte der Ausbildungsplan mit dem Durchlaufen aller Tierreviere in unserem Zoo nicht „durcheinandergewirbelt“ werden. Blockunterricht in der Berufsschule, Urlaub und Freizeitausgleich sollten gleichermaßen ermöglicht werden. So entschieden wir uns, nicht die drei Monate auszuschöpfen, die möglich gewesen wären, sondern den Aufenthalt auf vier Wochen zu verkürzen. Priorität hatte die Einplanung der vier Berufsschulblöcke pro Jahr. Miriam Schäfer sollte durch den Auslandsaufenthalt keinen Unterricht verpassen.
Während Miriam Schäfer ihr Auslandspraktikum machte, fehlte sie natürlich bei der Tierpflege. Warum hat sich dieser Auslandsaufenthalt dennoch auch für den Zoo Karlsruhe gelohnt?
Die Auszubildende „fehlte“ zwar vier Wochen im Zoo Karlsruhe, kam aber danach begeistert zurück. Sie lernte einen Betrieb kennen und arbeitete dort mit, wo es keine duale Ausbildung gibt und ungelerntes Personal nur angelernt wird. So konnte sie ihre bisherigen Erfahrungen dort direkt ein- und umsetzen. Außerdem konnte sie unser Artenschutz-Projekt im Nebelwald vor Ort kennenlernen und eine unglaublich reiche Biodiversität erleben. Miriam scheint nun viel selbständiger zu sein als vorher und tritt selbstbewusster auf. Ein Gewinn für sie und auch für unseren Betrieb!
Hatte dieser erste Auslandsaufenthalt einer Auszubildenden noch weitere Auswirkungen?
Die Schwellenangst der nachfolgenden Auszubildenden ist merklich kleiner geworden. Dies äußert sich in Bemerkungen und interessierten Fragen über die bevorstehenden Auslandsreisen. Für mich als Ausbilder, war dies gleichzeitig eine gute Gelegenheit, den Kontakt zum Zoo Quito zu intensivieren. So kam es im Verlauf dieses Aufenthaltes schließlich zu einer schriftlich fixierten Vereinbarung – ein „Memorandum of Understanding“ – über eine engere Partnerschaft zwischen den beiden Zoos.
Was raten Sie Ausbildungsbetrieben, die vielleicht (noch) zögerlich in puncto Auslandsaufenthalte sind?
Mein Ratschlag lautet: Zugreifen! Dies ist eine einmalige Chance für die Auszubildenden, im Ausland unter völlig anderen Bedingungen zu lernen, zu arbeiten und sich zu behaupten. Sie lernen dort andere Kulturen kennen und nehmen wirklich etwas fürs Leben mit. Es ist aber auch eine einmalige Chance für den Betrieb, dass noch stärker motivierte Auszubildende zurückkommen, die diese Erfahrung im Betrieb nutzen und sich tatkräftiger engagieren.